Standards of Care: Die internationalen Behandlungsrichtlinien

Die internationale Gesellschaft für Transgender Gesundheit (WPATH, World Professional Association for Transgender Health, vormals Harry Benjamin Gesellschaft) formuliert weltweit anerkannte Empfehlungen für die Behandlung von Transgenders.

Nach ihrem erstmaligen Erscheinen 1979 liegt seit 2022 nun die 8. Version vor: Die “Standards of Care for the Health of Transgender and Gender Diverse People, Version 8", kurz SoC 8. Gegenüber den vorhergehende Version sind die Empfehlungen mit 258 Seiten deutlich umfangreicher und hintergründiger geworden. SoC 6 (2001) umfasste 16 Seiten, SoC 7 (2011) 112 Seiten. Neu sind ausführliche Kapitel über nichtbinäre und intergeschlechtliche Personen sowie Eunuchen. Das Arbeitskomitee umfasst 129 auf diesem Gebiet profilierte Wissenschafter:Innen. Alle Empfehlungen werden durch Forschungsergebnisse begründet.

Ein respektvoller Umgang mit den Bedürfnissen der Betroffenen und bessere Informationen drängen rigide Zulassungskriterien für medizinische Behandlungen weiter zurück. Diagnosen werden nur mehr für Länder verlangt, in denen diese für den Zugang zu medizinischen Behandlungen notwendig sind.

Kriterien für medizinische Behandlungen

Die Standards of Care 8 verlangen vor allen medizinischen Behandlungen (Kap. 5.3)

  • Eine deutliche und anhaltende Geschlechtsdysphorie und
  • eine entsprechende Diagnose,
  • das Feststellen und den Ausschluss anderer Ursachen, die zu Geschlechtsinkongruenz führen können,
  • die Abschätzung und Diskussion der Risiken die psychische Bedingungen auf den Behandlungserfolg haben können,
  • die Zustimmungsfähigkeit der Betroffenen zu den Behandlungen und
  • ihre Einsichtsfähigkeit über Effekte geschlechtsangleichender Behandlungen auf die Fortpflanzung.

Für Erwachsene, die diese Kriterien erfüllen, sollte eine einzige Stellungname zur Einleitung der Behandlung ausreichen. Irreversible Entfernung der Hoden oder Eierstöcke sollten nur nach einer halbjährigen Hormontherapie vorgenommen werden. Personen, die eine Detransition anstreben, sollte durch die Sichtweisen erfahrener Fachkräfte bei dem sozialen Übergang unterstützt werden.

Hormontherapien und operative Eingriffe sollten bei Bedarf auch für gut informierte nichtbinäre Personen zur Minderung der Geschlechtsinkogruenz in Erwägung gezogen werden.

Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen

Kindern sollte psychologische und psychotherapeutische Hilfe angeboten werden. Ungeachtet ihrer sozialen Transition sollten sie bei der Erforschung ihres Geschlechts unterstützt werden.

Pubertätsblocker werden nicht vor Tanner-Stadium 2, d.h. bei zarter Behaarung im Genitalbereich, empfohlen. Dafür sollte die Dysphorie deutlich, anhaltend und nach ICD11 diagnostiziert sein. Die Jugendlichen sollten über die geistige und emotionale Reife für einen informierten Konsens zu den Behandlungen verfügen. Chirurgische Eingriffe sind frühestens nach einem Jahr Hormontherapie vorzunehmen.

Professionalist:innen sollten im Entscheidungsprozess unterstützen und die soziale Akzeptanz im sozialen Umfeld stärken.

Expertenwissen?

Die Anforderungen der SoC an die Behandler:innen sind wesentlich härter und umfangreicher als jene für die Zulassung von Transgenders zur Behandlung. Universitäre Studien, Fachkompetenzen und spezifische Fortbildungen werden erwartet. Da man dennoch nicht davon ausgehen kann, dass entsprechende Fachärzte weltweit über die aktuellen Entwicklungen informiert sind, präsentieren die SoC auch umfangreiche Informationen über mögliche Behandlungen und deren Risiken. Unter anderem über

  • allgemeine Therapieempfehlungen,
  • Hormone und deren Wirkung,
  • Operationen und postoperative Versorgung - inkl. Sekundäroperationen wie etwa FFS,
  • Stimme - OP und Stimmtraining,
  • sowie sexuelle und mentale Gesundheit.

Die SoC bieten für diese – und eine Vielzahl anderer Fragen – kompakte Antworten, die auch Laien einen guten Einblick verschaffen können. FachärztInnen werden für spezifische Fragen gerne die empfohlenen Literaturreferenzen studieren.

Relevanz für Österreich

Das Gesundheitsministerium hat von 2014 bsi 2017 neue, von einem ExpertInnenstab in jahrelanger Arbeit entwickelte neue Behandlungsrichtlinien veröffentlicht. Die Autoren bleiben unbekannt. Verglichen mit der Expertenriege von WPATH ist ihre Expertise jedenfalls schwach. Ihr Ergebnis ist dilettantisch. Es kann sich in keinem Aspekt mit den SoC 8 messen.

Warum will man sich gerade für Transgenders in Österreich von der Globalisierung abkoppeln?

Brauchen Österreichs Experten eine besondere Behandlung? Warum erkennen wir nicht einfach die SoC 8 an?

Beide Empfehlungen sind unverbindlich. Seriöse Therapeut:innen werden sich sicher lieber am SoC 8 orientieren. Die Österreichischen Richtlinien reflektieren eher politische Positionen und Eigeninteressen der Experten als den aktuellen Forschungsstand.

Links

www.wpath.org - WPATH, World Professional Association for Transgender Health

Standards of Care 7, TransX-Zusammenfassung

Download

SoC 8, Standards of Care
for the Health of Transgender and Gender Diverse People, Version 8 (en)

SoC 7, Standards of Care
for the Health of Transsexual, Transgender and Gender Noncoforming People (en, de, fr, ..)

 

 

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